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ZUCHTGARTENTECHNIK und
PFLANZENZÜCHTERISCHES VERSUCHSWESEN

 

1. Zuchtgartentechnik
    1.1. Allgemeines
    1.2. Pflanzenbauliches
    1.3. Pflanzenschutz
    1.4. Aussaat und Ernte
    1.5. Dokumentation
2. Pflanzenzüchterisches Versuchswesen
    2.1. Versuchseinheit
    2.2. Datenerfassung
    2.3. Datenaufbereitung
    2.4. Versuchspläne und Versuchsauswertung
    2.5. Darstellung von Versuchsergebnissen
3. Literatur
Anhang: Abbildungen, Beispiele
 


1. Zuchtgartentechnik


1.1. Allgemeines
Zuchtgärten sind pflanzenzüchterische Versuchsfelder, auf denen Zuchtmaterial angebaut wird. In Zuchtgärten werden so verschiedene Tätigkeiten wie Kreuzung, Vermehrung von Einzelpflanzen oder Nachkommenschaften, Selektionen oder Prüfungen von Zuchtstämmen unterschiedlicher Generationen in verschiedensten Versuchsanlagen und Parzellentypen durchgeführt. Auch die ersten Stufen der Saatgutvermehrung sowie die Erhaltungszüchtung werden u.U. im Zuchtgarten getätigt.

Dauerzuchtgarten (Zuchtgarten ständig in bestimmtem Areal, z.B. auf einem sehr großen Schlag, innerhalb des Dauerzuchtgartens jedoch Fruchtfolge), Wanderzuchtgarten (Zuchtgarten für eine Kulturart "wandert" von Schlag zu Schlag eines Betriebes, ist dabei in einen Praxisschalg integriert und in die Fruchtfolge des Betriebes eingebaut), Filialzuchtgarten (kleiner Zuchtgarten in einem anderen Anbaugebiet zur Prüfung der Adaptation), Provokationsfeld (Zuchtgarten, in dem jedes Jahr Stämme derselben Art angebaut und geprüft werden, z. B. zur Resistenzfeststellung; spezielle Felder, die z.B. mit Nematoden, Sclerotinia, Leinrost, Rizomania ... verseucht sind).


1.2. Pflanzenbauliches
Bodenhomogenität steht im Vordergrund. Ziel: Alle in einem Versuch zu untersuchenden Genotypen sollen unter möglichst gleichen Bedingungen geprüft werden. Daher: Sorgfältige und gleichmäßige Bodenbearbeitung und Düngung (keine Überlappungen oder Auslassungen), gleichmäßige Bewässerung (sehr schwierig zu erzielen). Saatbett muß auch für Kleingeräte oder Handsaat geeignet sein. Um Bearbeitungsfehler, die meist in Streifen auftreten (z.B. tiefere Furchen), in ihrer Wirkung möglichst auszuschalten, erfolgt der Anbau des Zuchtgartens üblicherweise quer zur pflanzenbaulichen Bearbeitungsrichtung.Düngungshöhe: Möglichst praxisüblich, um Selektion unter realistischen Anbaubedingungen zu ermöglichen. Evtl.: Selektion unter geringerer Nährstoffversorgung, um auf Nährstoffeffizienz zu züchten. Fruchtfolge: Nach Zuchtgartennutzung mindestens 1 Jahr Ausgleichsfrucht, wenn möglich, mehrere Jahre. Vorfrucht soll den Boden möglichst einheitlich hinterlassen. Probleme: Wege zwischen Parzellen sind verdichtet. Durchwuchs ist besonders problematisch, führt zu Kontamination von reinen Linien (einfache Vermischung oder auch Fremdbestäubung durch auflaufende Durchwuchspflanzen, z.B. bei Raps). Andererseits: Enge Fruchtfolge zur Provokation von Krankheiten (z.B. Fußkrankheiten, Fusarium bei Getreide und Mais).


1.3. Pflanzenschutz
Meist wird im Zuchtgarten nur Unkrautbekämpfung (chemisch / mechanisch) durchgeführt. Um Resistenzen gegen Krankheiten prüfen bzw. erkennen zu können, werden z.B. keine Fungizide verwendet.


1.4. Aussaat und Ernte
Während Bodenbearbeitung und Düngung im Zuchtgarten meist mit praxisüblichen Standardgeräten durchgeführt werden, sind Aussaat und Ernte aufgrund der speziellen Anforderungen oft nur mit Spezialmaschinen zu bewältigen. Sowohl für Aussaat als auch für Ernte gilt: Gerät muß vermischungsfrei arbeiten können, d.h. die Sämaschine oder der Parzellenmähdrescher müssen am Ende einer Parzelle völlig entleert sein, bevor die nächste Parzelle angebaut bzw. geerntet werden kann. Weitere Anforderungen: Flexibilität (z.B. Tauglichkeit für unterschiedliche Parzellengrößen, da oft wenig Saatgut in ersten Generationen), Genauigkeit (z.B. bei der Ertragsfeststellung), Schlagkraft (rasches Anbauen oder Ernten muß möglich sein, da viele Parzellen zu bearbeiten sind).
Aussaat: Händisch, mit Dibbellatte, Saattrichter etc., wenn wenig Saatgut (z.B. F1-Körner) vorhanden ist. Maschinelle Saat: Mechanische oder pneumatische Parzellensämaschinen für Einzelkornsaat oder Drillsaat. Øyjord-System: Ein Kegel verteilt bestimmte Saatgutmenge auf best. Parzellenlänge (von 2-20 m einstellbar) und auf einstellbare Reihenanzahl je Parzelle. Einzelreihensämaschinen als einfache Schiebemaschine oder "System Weihenstephan Seedmatic": z.B. 6 Einzelreihen gleichzeitig anbaubar, Befüllung der Maschine mit speziellen Magazinen, z.B. zum Anbau von Einzelähren-Nachkommenschaften.
Ernte: Parzellenmähdrescher (mit automatischer Wiegung, Feuchtigkeitsbestimmung, Probenahme etc. und elektronischer Erntedatenerfassung), daneben versch. Standdrescher für Einzelpflanzen, Einzelähren etc., die auf dem Feld händisch geerntet oder gesichelt werden. Nach der Ernte erfolgt häufig eine Aufbereitung (Reinigung, Siebung etc.) mit speziellen Geräten.


1.5. Dokumentation
Zur sicheren Identifizierung einzelner Genotypen (Versuchsglieder von Prüfungen, Vermehrungen, Einzelreihen ...) existieren unterschiedlichste Systeme, die heute meist auf elektronischen Datenbankprogrammen beruhen und die Erstellung von Feldplänen, Aussaatlisten und Feldbüchern, den Druck von Feldetiketten, Probenahmeetiketten oder Sackanhängern für die Ernte ermöglichen. Weiters erlauben solche Systeme oft eine automatische Zuchtbuchführung (Pedigree-Information, Generation, Selektion etc.), elektronische Feldbücher für Datenerfassung, Datenzusammenführung und Verwaltung (Feldbucheinträge, Erntedaten, Laborergebnisse) sowie eine statistische Versuchsauswertung und Ergebniszusammenfassung.
 


2. Pflanzenzüchterisches Versuchswesen


2.1. Versuchseinheit
Versuchseinheit ist meist eine Parzelle, selten eine Einzelpflanze (Honeycomb-Design).
Parzellengröße: Kleinparzelle (0.5 m2), Leistungsprüfungsparzelle (10-20 m2) bis zur Großparzelle (einige 1000 m2 groß, in Versuchen auf Praxisschlägen).
Parzellenform: In der Pflanzenzüchtung bei uns meist rechteckig (z.B. 1.4 m breit, 10 m lang) aufgrund der Bauart von Parzellensämaschine und Parzellenmähdrescher. Langgestreckte Parzellenformen unterliegen jedoch an den Längsseiten stärker sog. Nachbareffekten (durch Wuchshöhe, Nährstoffkonkurrenz u.a. Wechselwirkungen). Randeffekte treten jedoch bei allen Parzellenformen mehr oder weniger stark auf, sodaß Randparzellen (Ummantelungsparzellen) am Ende einer Parzellenreihe angebaut werden, die für die Versuchsauswertung nicht herangezogen werden.


2.2. Datenerfassung: Bonitieren und Messen von Merkmalen
Bonitur: Vergabe von Noten (individuelle Einteilung oder bestimmten Skalen folgend) für eine bestimmte Merkmalsausprägung. Bonitiert werden z.B. der Befall mit Krankheiten, die Lagerung, Farbausprägungen, der Feldaufgang, die Einheitlichkeit des Pflanzen eines Genotyps etc.
Messungen und Zählungen: Exakte Feststellung der Merkmalsausprägung, z.B. Samenzahl pro Ähre, Zahl der Bestockungstriebe, Wuchshöhe, Ertrag usw.
Für viele bonitierte Merkmale gilt, daß sie auch exakt gemessen werden könnten (z.B. zur Bestimmung des Krankheitsbefalls könnte der Anteil der befallenen Blattfläche in cm2 angegeben werden), eine exakte Messung jedoch zu zeitaufwendig wäre.


2.3. Datenaufbereitung
Gesammlte Daten bedürfen vor der Weiterverarbeitung oft einer Aufbereitung, z.B. Umwandlung von g/Parzelle auf kg/ha, Korrektur des Ertrages auf einen einheitlichen Wassergehalt, Bezug von Inhaltsstoffen auf Trockenmasse, Rundung (3-4 signifikante Zahlenstellen, nicht mehr), Ergänzung einzelner fehlender Werte (unterschiedl. Vorgangsweise je nach Versuchsanlage und Auswertungsmethode), Überprüfung von Ausreißern (Tests zur Beurteilung einzelner "verdächtig" hoher oder niedriger Werte (z.B. durch Tippfehler, Meßfehler etc.)).


2.4. Versuchspläne (Designs) und Versuchsauswertung
In der Pflanzenzüchtung werden Versuche häufig einfaktoriell (nur unterschiedliche Genotypen werden geprüft und verglichen), in wenigen Wiederholungen (Saatgutmangel in frühen Generationen, Umfang der Prüfungen), aber mit einer großer Anzahl an Prüfgliedern (Zahl der Genotypen hoch, um effektive Selektion betrieben zu können) angelegt. Aus der Vielzahl vorhandener Versuchspläne seien drei häufig verwendete kurz charakterisiert:

1. Standardmethode: Geeignet für viele Versuchsglieder, wenn wenig Saatgut vorhanden. Die zu prüfenden Versuchsglieder werden ohne Wiederholung angebaut, nach drei bis fünf Parzellen folgt jeweils eine Standardparzelle. Standards werden interpoliert und schätzen Bodenbedingungen, um die die unwiederholten Versuchsglieder korrigiert werden können. Jedoch: Keine genaue Fehlerschätzung, daher auch keine Varianzanalyse und darauf aufbauende Verfahren möglich. Verbesserung: Mehrere Standards in "Blockanlage" (wiederholt), dazwischen die Prüfglieder in einer Wiederholung: Augmented Design.

2. Randomisierte vollständige Blockanlage (RCB): Alle Prüfglieder werden in mehreren Wiederholungen angebaut. Jede Wiederholung bildet einen Block, in dem jedes Versuchsglied einmal vorkommt, innerhalb des Blockes werden Prüfglieder randomisiert angeordnet. Diese Methode setzt voraus, daß Bodenbedingungen innerhalb der einzelnen Blöcke homogen sind. Je mehr Versuchsglieder im Block geprüft werden, um so größer ist der Block und um so weniger trifft diese Annahme unter Praxisbedingungen zu, womit die Effizienz der Methode bei größer werdender Prüfgliederzahl abnimmt (Fehlervarianz und Grenzdifferenz steigen an).

3. Gitteranlagen (Lattice Designs): Verschiedene Versuchsanlagen (Zweisatzgitter, Dreisatzgitter, Rechteckgitter, generalisierte Gitter) speziell für große Prüfgliederzahl. Prinzip: Wiederholungen werden in unvollständige Teilblöcke unterteilt, welche der Schätzung des Bodenfehlers und der Adjustierung der Parzellenwerte dienen. Z.B. 6x6-Gitter in 2 Wiederholungen: 36 Genotypen, eine Wiederholung besteht aus 6 Teilblöcken mit je 6 Parzellen innerhalb eines Teilblocks; in der 2. Wiederholung darf kein Prüfglied mit einem anderem im selben Teilblock sein, mit dem es schon in der ersten Wiederholung zusammen war. Gitteranlagen sind an bestimmte Prüfgliedzahlen gebunden, sind rechenaufwendiger, erlauben aber meist eine genauere Schätzung der Genotypwerte als Blockanlagen. In vielen praktischen Fällen entspricht eine Gitteranlage in zwei Wiederholungen in ihrer Effizienz einer Blockanlage in 3 bis 4 Wiederholungen !

Nachbaranalyse: Dies ist ein Beispiel für eine Auswertungsmethode, die im Gegensatz zu Block- oder Gitteranlage von der Versuchsanlage relativ unabhängig ist und nur Randomisierung und Wiederholungen voraussetzt. Prinzip: Meßwerte von Nachbarparzellen werden herangezogen, um für eine bestimmte Parzelle an einer bestimmten Stelle des Feldes den Bodentrend zu schätzen. Parzellenwerte werden um den an den Nachbarn ermittelten Bodentrend korrigiert. Im Detail stehen zur Zeit unterschiedliche Verfahren der Nachbaranalyse in Entwicklung.


2.5. Darstellung von Versuchsergebnissen
Stichworte: Tabellen, Grafiken, (adjustierte) Mittelwerte, LSD, Relativwerte, Rangreihung usw.


3. Literatur
Becker, H., 1993, Pflanzenzüchtung, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, UTB 1744.
Hoffmann, W., A. Mudra & W. Plarre, 1972, Lehrbuch der Züchtung landwirtschaftlicher Kulturpflanzen, Band 1, Allgemeiner Teil, Verl. Paul Parey, Berlin.
Kempton, R. A. & P. N. Fox (eds.), 1997, Statistical methods for plant variety evaluation,  Chapman & Hall, London.
Munzert, M., 1992, Einführung in das pflanzenbauliche Versuchswesen, Verl. Paul Parey, Berlin.
Petersen, R. G., 1994, Agricultural field experiments, design and analysis, Marcel Dekker, New York.
Vollmann, J., H. Bürstmayr & P. Ruckenbauer, 1994, Verringerung des Versuchsfehlers durch Korrektur von Bodenfertilitätstrends mittels verschiedener Nachbarparzellen-Analysenmethoden,  Bericht über die 45. Arbeitstagung 1994 der Arbeitsgemeinschaft der Saatzuchtleiter im Rahmen der „Vereinigung österreichischer Pflanzenzüchter“, Gumpenstein, 187-194.
 


Anhang: Abbildungen, Beispiele

Grundprinzip: Blockung

Nachbaranalyse: Prinzip,  2 westliche und östliche Nachbarn,  Bodentrend im Haferertrag,  EW2-Trend im Sojabohnen-Ertrag,  EW2-Trend im Proteingehalt (Contour-Plot),  EW2-Trend im Proteingehalt (3D-Plot),  EW4-Trend im Proteingehalt in einem Einzelreihen-Versuch (3D-Plot).
 

Siehe auch: "Selektion"

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