1. Weichweizen
2. Hartweizen
3. Braugerste
4. Brotroggen
5. Schälhafer
Literatur
Appendix (Farinogramme,
Extensogramme, Weckerl und Nudeln)
Die Backqualität von Brotweizen (Triticum aestivum) ist sehr komplex und wird in den verschiedenen Ländern unterschiedlich definiert. Allerdings sind in allen Ländern die Hauptkriterien gleich: Proteinmenge, Proteinqualität, Stärkebeschaffenheit.
Das Endosperm eines Weizenkornes besteht durchschnittlich zu 10-19% aus Proteinen. Albumine und Globuline, die strukturelle und enzymatische Funktionen haben, nehmen ca. 20% der Gesamtproteinmenge ein. Die restlichen 80% lassen sich in zwei etwa gleich große Fraktionen aufteilen, in aggregatbildende Glutenine und monomere Gliadine. Die Glutenine werden aufgrund ihrer Molekulargröße in ‘high‘ und ‘low molecular weight‘ Glutenine unterteilt.
Das österreichische Backqualitätsschema aus dem Jahre 1994
klassifiziert die Weizensorten in neun Qualitätsgruppen, wobei eine
höhere Zahl eine höhere Qualität bedeutet. Die Einstufung
erfolgt aufgrund von indirekten, rheologischen und Backversuchs-Parametern.
Entsprechend ihrer Einstufung werden die Weizensorten in drei „Marktklassen“
eingeteilt: (a) Qualitäts- oder Aufmischweizen (QG 9-7), (b) Mahlweizen
(QG 6-3) und (c) Futter- und sonstiger Weizen (QG 3-1). Eine sehr mangelhafte
Mehlausbeute hat allerdings, unabhängig von ihrer Qualitätseinstufung,
eine Zuordnung zur Gruppe der sonstigen Weizen zur Folge, wie z.B. bei
der Sorte Juventus.
Tab. 1: Parameter zur Beschreibung der Backqualität
Indirekte Parameter | Farinogramm | Extensogramm | Backversuch |
Rohprotein | Wasseraufnahme | Wasseraufnahme | Wasseraufnahme |
Feuchtkleber | Teigentwicklung | Dehnbarkeit | Teigverarbeitung |
Strukturquellzahl | Teigstabilität | Dehnwiderstand | Gebäckgewicht |
Proteolytische Quellzahl | Qualitätszahl | div. Verhältniszahlen | Gebäckausbeute |
Kleberabbau | Teigerweichung | Teigenergie | Ausbackverlust |
Wertzahl | Valorimeterzahl | Backvolumen | |
Zeleny-Sedimentationswert | |||
Fallzahl nach Hagberg |
Für die Pflanzenzüchtung sind v.a. indirekte Methoden, die eine zuverlässige Aussage über die Fähigkeit einer Sorte ein lockeres, voluminöses Gebäck zu bilden ermöglichen, und die relativ leicht zu bestimmen sind für die Selektion von Bedeutung. Solche Parameter sind v.a. der Rohproteingehalt und der Sedimentationswert nach Zeleny. Diese beiden Parameter zeigen eine hohe Korrelation zum Backvolumen, während der Feuchtklebergehalt eine etwas geringere Korrelation zeigt.
Die Parameter Rohprotein- und Feuchtklebergehalt werden mittlerweile großteils mittels NIT gemessen. Eine Beurteilung der Proteinqualität kann durch Elektrophorese der Speicherproteine erfolgen. Vor allem die hochmolekularen Glutenine werden zur Beurteilung der Proteinqualität z.T. bereits standardmäßig von den Züchtern bestimmt, wobei die Untereinheiten 7+9 und 5+10 für gute Backqualität, 6+8 und 2+12 für schlechte Backqualität stehen.
Die Genorte für HMW-Glutenine befinden sich auf den drei Chromosomen
der homoeologen Gruppe 1. Genorte für Gliadine befinden sich auf den
Chromosomen der homoeologen Gruppen 1 und 6, an erstere sind auch die Genorte
für die LMW-Glutenine eng gekoppelt. Den HMW-Gluteninallelen können
bestimmte Zahlenwerte zugewiesen werden (Tab. 2) und es kann ein Wert für
die genetische Zusammensetzung eines Genotyps berechnet werden. Je höher
dieser Wert ist, umso höher sollte die damit vorausgesagte Backqualität
sein.
Tab. 2: Vergleich der Bewertungssysteme von Payne et al. (1984) und
Cerny et al. (1992)
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1 2* |
2 3 |
2 2 |
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7 7+8 7+9 17+18 |
1 3 2 3 |
2 4 3 1 |
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3+12 4+12 5+10 |
2 1 4 |
1 1 2 |
Entsprechend der beiden Bewertungssysteme sind maximale Werte von 10 bzw. 8 möglich. Die in der Elektrophorese-Abbildung angeführten Sorten Capo und Chinese Spring würden aufgrund ihrer HMW-Glutenine Werte von 8 / 7 bzw. 6 / 4 erhalten. Demnach hat Capo eine höhere Backqualität, was auch der Realität entspricht.
Der Vorteil einer direkten Selektion auf „Qualitätsbanden“ mittels Elektrophorese ergibt sich daraus, daß die Auslese aufgrund eines einzelnen Kornes durchgeführt werden kann, und daß aufgrund der kodominanten Vererbung der Allele bereits ab der F2 ausgelesen werden kann.
Die Bestimmung von Teigeigenschaften, v.a. der Viskosität und Elastizität des Teiges, erfolgt i.d.R. aufgrund des zu großen Aufwandes nicht direkt am Zuchtbetrieb. Teigverarbeitende Eigenschaften werden in Österreich durch den Farino- und Extensograph bestimmt. In letzter Zeit wird für Exportweizen auch verstärkt eine Untersuchung mit dem Alveograph durchgeführt. Das Alveogramm ist die Standarduntersuchungsmethode in Frankreich und Italien.
Extensogramm mit einigen wichtigen gemessenen Parametern
Keine spezielle Selektion erfolgt hinsichtlich der Brau- oder Futterqualität von Weizen. Da für das Verbrauen nur proteinarme Weizen in Betracht kommen, sind dies ausschließlich Mahl- oder sonstige Weizen. Ein Großteil des vermalzten Weizens wird in der Backmittelindustrie verwendet.
Eine Sonderstellung innerhalb des Brotweizens nimmt der Dinkel (Triticum
spelta) ein. Dinkel verhält sich rheologisch verschieden zum herkömmlichen
Brotweizen. Dinkelgebäcke benötigen eine längere Teigruhezeit
und die hergestellten Gebäcke zeichnen sich i.d.R. durch ein gutes
Aroma aus, zeigen kein Breitlaufen, was auf einen schwachen Kleber hindeuten
würde und weisen eine lange Frischhaltung auf.
Hartweizen oder Durum (Triticum durum) wird vor allem im mediterranen Raum kultiviert. Bei Durum handelt es sich um einen tetraploiden Weizen mit äußerst geringer Eigenbackfähigkeit. Durum wird v.a. für die Erzeugung von Teigwaren verwendet. Aus den Anforderungen an gute Teigwaren, nämlich feste, intensiv gelbe Produkte mit hoher Kochfestigkeit ergeben sich auch die Zuchtziele für Durum.
Protein- und Gelbpigmentgehalt bestimmen wesentlich die Kochqualität
und das Erscheinungsbild der Teigwaren. Beide Parameter können indirekt
durch NIRS bestimmt werden. Die Selektion erfolgt, wie beim Brotweizen,
am Korn, am Mehl/Gries (semolina) und am fertigen Produkt.
Am Korn werden v.a. Hektolitergewicht, Tausendkorngewicht, Siebung,
Farbe und die Glasigkeit bestimmt. Am Gries erfolgt die Bestimmung des
Carotinoidgehalts, der Quantität und Qualität des Klebers, des
Protein- und Aschegehaltes und der Fallzahl (> 250 sec. bei qualitativ
hochwertigen Durum). An den Teigwaren schließlich erfolgt eine Bewertung
der Farbe, Kochfestigkeit und Klebrigkeit.
Da den meisten Züchtern gut ausgestattete Labors zur Bestimmung
diverser technologischer Parameter fehlen muß er sich mit der Selektion
auf indirekte Qualitätsparameter begnügen. Ein solcher ist die
Korngröße und das damit verbundene Tausendkorngewicht. Je größer
das Korn, umso höher ist die Griesausbeute (der prozentuelle Anteil
der Samenhülle sinkt). Ein traditionelles indirektes Selektionskriterium
ist auch die Glasigkeit. Die Bonitur der Glasigkeit erfolgt i.d.R. visuell
an halben Körnern in Form einer Benotung. Der Gelbpigmentgehalt kann
wie bereits erwähnt mit NIRS, visuell, durch Reflexionskolorimeter
oder durch eine chemische Extraktion der Carotinoide erfolgen. Ein guter
Zusammenhang besteht zwischen Proteingehalt und Kochqualität der Teigwaren.
Etwa 30-40% der Variabilität in der Kochqualität kann durch den
Proteingehalt erklärt werden. Für eine zufriedenstellende Qualität
ist i.d.R. ein Proteingehalt von > 13% notwendig. Eine Bestimmung der Proteinquantität
und –qualität erfolgt durch den SDS-Sedimentationswert. Die Proteinqualität
wird, wie beim Brotweizen, durch Elektrophorese der Glutenine und v.a.
der Gliadine bestimmt. Für zwei Gliadinallele (42-g
und 45-g) konnte ein Nachweis für deren
Einfluß auf die Kochqualität erbracht werden. Im Gegensatz zum
Brotweizen ist der Zusammenhang zwischen den HMW-Gluteninen und der Kochqualität
gering. Die Allele 6+8 stehen i.d.R. eher mit guter Qualität in Zusammenhang,
während 13+16 mit schlechter Qualität assoziert sind.
Durumweizen und daraus hergestellte Produkte:
semolina
und sardinische Teigwaren
Die Anforderungen an eine Braugerste sind vielfältig. In Österreich
wird derzeit nur zweizeilige Sommergerste als Braugerste verwendet. Folgende
Kriterien müssen von einer Braugerste erfüllt werden:
* Sortierung: > 90% Vollkorn (> 2,5 mm) und < 2% Ausputz (<
2,2 mm)
* Keimfähigkeit: > 95%
* Proteingehalt: < 11,5%
* Feuchtigkeitsgehalt: < 15%
Werden diese Grenzwerte über- bzw. unterschritten kommt es innerhalb
bestimmter Grenzen zu Preisabschlägen; darunter bzw. darüber
ist die Mälzerei berechtigt die Ware zu stoßen. Im Jahre 1997
kam es regional zum Aufplatzen der Braugerstenkörner. Die bereits
totreifen Körner reißen aufgrund langanhaltender Feuchtigkeit
kurz vor der Ernte entlang der Bauchfurche auf. Aufgeplatzte Körner
zeichnen sich durch eine verminderte Keimfähigkeit und einem erhöhten
Mikroorganismenbefall aus. Der Befall mit Mikroorganismen kann zum „Wildwerden“
(gushing) des Bieres führen. Von den Mälzereien
wurde daraufhin eine Stoßungsgrenze von 2% aufgeplatzter Körner
pro Partie eingeführt.
Die Selektion auf Brauqualität ist schwierig. Da Kleinmälzungen
einer bestimmten Menge an Material bedürfen, können diese nicht
in frühen Generationen durchgeführt werden. Darüberhinaus
sind Kleinmälzungen mit einem enormen finanziellen Aufwand verbunden,
sodaß nur eine eingeschränkte Anzahl an Linien diesbezüglich
geprüft werden kann. Die Züchtung auf Brauqualität beginnt
somit bereits wesentlich bei der Kreuzungsplanung (eine Kreuzung Futter-
x Futtergerste wird die Selektion einer guten Braugerste unmöglich
machen). Die Selektion in frühen Generation muß indirekt v.a.
an Kornmerkmalen, wie z.B. der Siebung, der Kräuselung der Spelze
(eine fein-gekräuselte Spelze verspricht eine extraktreiche Gerste),
der Keimfähigkeit bzw. Dormanz, des Proteingehaltes und des Aufplatzens
der Körner erfolgen.
Die Backfähigkeit des Roggens wird wesentlich von der Verkleisterungsfähigkeit
der Stärke bestimmt. Protein ist beim Brotroggen im Gegensatz zu Weizen
von untergeordneter Bedeutung. Für die Teigverarbeitungseigenschaften
sind außerdem Pentosane, die das Wasser binden, von Bedeutung. Die
Qualität der Pentosane leidet unter zu hohen Proteingehalte, wodurch
bei der Selektion auf Proteingehalte < 11% geachtet werden soll. Neben
der Bestimmung des Proteingehaltes wird von den Zuchtbetrieben auch standardmäßig
eine Bestimmung der Fallzahl nach Hagberg mittels eines automatisches Gerätes
bestimmt. Die Fallzahl bestimmt die a-Amylase
Aktivität, die bei Auswuchs stark erhöht ist. Geringe Fallzahlen
und eine somit erhöhte Enzymaktivität vermindern die Verkleisterungsfähigkeit
des Mehls und führen in der Folge zu einer geringeren Teig- und Volumsausbeute.
Obwohl ein Großteil der Variabilität in den Fallzahlen durch
die Umwelt bedingt ist, existiert dennoch eine erhebliche genotypische
Variabilität, die eine Selektion auf Auswuchsfestigkeit und somit
geringe Fallzahlen ermöglicht.
Amylogramme von Mehlen mit sichtbaren (strichlierte Linie) bzw. latenten
(vollständige Linie) Auswuchs (A = a-Amylase
Aktivität).
Hafer ist eigentlich eine Nicht-Brotgetreideart. Teige und Backwaren aus Hafer lassen sich, weil kleberbildende Proteine fehlen, nur zusammen mit kleberbildenden Mahlprodukten zufriedenstellend bereiten. Dabei müssen Verluste an Volumenausbeute in Kauf genommen werden. Es hat sich gezeigt, daß bei Substitution von Weizenmahlerzeugnissen durch Dinkel eine Steigerung des Haferanteils im Teig möglich wird. Auf diese Weise lassen sich ansprechende, ernährungsphysiologisch wertvolle und sensorisch charakteristische Backwaren herstellen, die reich an Ballaststoffen und b-Glucanen sind.
Überwiegend kommt jedoch Hafer in der menschlichen Ernährung
als Haferflocken, hergestellt aus Schälhafer, vor. Für eine optimale
Ausbeute wird von den Schällmüllen ein hoher Vollkornanteil (>
2,0 mm), ein niedriger Spelzengehalt und eine gute Schälbarkeit bei
geringem Kornbruch erwünscht. Zudem sollte eine helle Kornfarbe und
ein hoher Gehalt an b-Glucanen, welche den Abbau
von Cholesterin fördern, vorhanden sein. Die Nutzung von Nackthafer
hat sich bisher noch nicht durchgesetzt, da die Nackthafersorten bis zu
40% geringere Erträge aufweisen, als die besten Gelbhafersorten.
Im Kontraktanbau für „Waldviertler Qualitätshafer“ sind auch
ein Hektolitergewicht > 52 kg und eine möglichst geringe Kontamination
mit Mikroorganismen (Keimzahl, Mykotoxine) erforderlich.
Um die Selektion auf Qualitätskriterien von Schälhafer zu
vereinfachen wurde von der Saatzucht LFS Edelhof eine NIT Kalibration für
den Spelzengehalt u.a. Qualitätsparameter erstellt.
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Farinogramme und Extensogramme alter österreichischer
Winterweizensorten unterschiedlicher Backqualität
Weckerl-Kunde I
Weckerl-Kunde II
Siehe auch:
VFG-Protokoll
Moritz / Nigg, 2001
Qualitätszüchtung
bei Öl- und Eiweißpflanzen