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KREUZUNGSTECHNIK  (in Stichworten)

1. Allgemeines und praktische Regeln
2. Spezielle Probleme
3. Praktische Durchführung
4. Weiterführende Literatur
Anhang: Abbildungen, Beispiele
 


1. Allgemeines

Die drei Abschnitte eines Zuchtprogrammes:
# Variabilitätserzeugung (Kreuzung, Mutationsinduktion, genet. Transformation, somatische Hybridisierung)
# Einengung der Variabilität (Homozygotisierung)
# Selektion von Genotypen, die dem Zuchtziel entsprechen

Kreuzung: Natürlicher Vermehrungsprozeß bei Fremdbestäubern. Bei Selbstbestäubern in der Linienzüchtung (als Kombinationszüchtung) erfolgt „künstliche" Übertragung von Pollen eines Vatergenotyps auf die Narbe des Muttergenotyps. Befruchtung. Entwicklung der Zygote und in weiterer Folge des Hybridsamens. F1-Generation. Wirksamwerden der genetischen Rekombination zw. den unterschiedlichen Elterngenotypen. F2-, F3- u. weitere Generationen (Spaltungsgenerationen), in denen üblicherweise die züchterische Selektion einsetzt.

Elternwahl: Nach subjektiven und objektiven Kriterien, ganz unterschiedliche Zielsetzungen in verschiedenen Kreuzungen („Ertragskreuzung“, Einkreuzung von Resistenzen, Qualitätseigenschaften etc.), Eltern sollten sich in Merkmalsausprägung ergänzen (vgl. auch Kombinationseignung).
Kreuzungspläne (mating designs): Einfachkreuzung (am weitesten verbreitet, auch zwischen heterozygoten Individuen od. Linien möglich), Dreiwegkreuzung, Doppelkreuzung, komplexe Kreuzung (mehr als vier Eltern in der Kreuzungspopulation), Rückkreuzung, systematische Kreuzung (Diallel, faktorielle Designs etc.).

Kreuzungstechnik: Abhängig von Blütenbau (Beispiel: Leguminosenblüte), Blütenbiologie und Fortpflanzungsweise (natürl. Reproduktionssystem) der zu bearbeitenden Pflanzenart.
Daher je nach Species verschiedenste Techniken einzusetzen. Wichtigstes Kreuzungszubehör: Pinzetten, Scheren, Nadeln, Alkohol.
 

Begriffe: Monözisch (Mais, Kürbis), diözisch (Hanf, Spinat), zwitterblütig (Weizen, Raps, Lein .....), Protandrie (Antheren reifen eher als Narben: Zuckerrübe, Sonnenblume, Möhre), Protogynie (Narbe vor den Antheren reif: Raps).
 

Praktische Regeln:

1. Kreuzungen zw. Genotypen einer Art leichter durchführbar als zw. Arten  od. Gattungen (Kreuzungsbarierren).

2. Bei Selbstbefruchtern: meist Kastration notwendig (Zwitterblütigkeit)
- rechtzeitiges Entfernung aller Antheren der Blüte (aber so spät wie möglich, damit Knospe fest und groß genug ist) zur Verhinderung von Selbstbestäubung
- keine Verletzung der Narbe oder des Fruchtknotens
- möglichst geringe mechanische Beschädigung der Blüte durch die Kastration
- Bestäubung, sobald Narbe befruchtungsfähig (nach der Kastration oder später)
- Isolation der offenstehenden Blüte nach der Kastration bis zum erfolgreichen Samenansatz
- eventuell kann Selbststerilität in der Kreuzungszüchtung genutzt werden

3. Blüten des Haupttriebes bringen besten Samenansatz, nur wenige Blüten verwenden, überschüssige Blüten entfernen
(Getreide: Hauptähre, mittlere Blüten einer Ähre verwenden für besten Kreuzungserfolg)

4. Isolationsbeutel: luftdurchlässig, aber pollendicht; soll Knospe und Frucht im Freiland schützen, später zu entfernen, da Verpilzungsgefahr (Pergamin, Papiersäckchen)

5. Massenkastration (Bestandeskastration) bei Fremdbestäubern
- leicht bei diözischen Pflanzen wie Hanf (entfernen der männl. Pflanzen einer Population führt zu Massenkreuzungen, wenn Pollenspender in der Nähe)
- auch durchführbar bei monözischen Pflanzen (z.B. Mais, siehe Topcross)

6. Massenkastration bei zwitterblütigen Arten
- Wärmebehandlung der Blüten für einige Zeit, wenn Androeceum (männliches Geschlecht) wärmeempfindlicher als das Gynoeceum (Temp. zw.   40 u. 44°C z.B. bei Reis), Kastration durch Eintauchen der Blüte in Wasser entsprechender Temperatur
- Kältebehandlung, da auch tiefe Temperaturen zu Pollensterilität führen (genutzt bei Antherenvorbehandlung für Antherenkulturen)
- Dunkelphase während der Gametenbildung führt zu männl. Sterilität (z.B. Tabak)
- Auswaschen des Pollens bei ausgeprägter Protandrie
- Massenkastration mit Gametoziden (Hybridweizen etc.)
- Frühzeitige mechanische Beschädigung der Antheren (Kastrationsmaschine) führt zum Austrocknen der Pollensäcke

7. Bestäubung nach durchgeführter Kastration
- Befruchtungsfähigkeit der Narbe: Absonderung von Narbensekret, Feuchtigkeit, Spreizung der Narbenäste bei Getreide (z.B.)
- unbestäubte Narben bleiben länger frisch
- Bestäubung mehrmals wiederholen
- Pollenkörner frisch und funktionsfähig
- Pollenlagerung in Exsikkator für einige Stunden (längere Lagerung durch Schnellgefrieren)

8. Kreuzungsrichtung und reziproke Kreuzungen
- reziproke genet. Effekte praktisch unbedeutend (extranukleäre Vererbung)
- manche Kreuzungen (v.a. Artkreuzungen) funktionieren nur in eine Richtung,
z.B. B.nigra (n=8) x B.oleracea (n=9) = B.carinata (n=17), abessinischer Kohl
- bei unterschiedl. Chromosomenzahl der Eltern: Leichteres Gelingen der Kreuzung, wenn Muttergenotyp Pflanze mit höherer Ploidiestufe ist (z.B. Brassicaceae, Triticale (Weizen x Roggen, nicht Roggen x Weizen))

9. Pollenspender mit qualitativen, dominanten Eigenschaften (Markergene) zur Kontrolle des Kreuzungserfolges (z.B. Begrannung, Blütenfarbe; auch Xenienbildung wie Samenschalenfarbe bei Mais oder Samenschalenausbildung bei Ölkürbis genützt)
 


2. Spezielle Probleme

1. Befruchtungsstörungen durch versch. Wechselwirkungen zw. Narbe/Griffel und Pollen/Pollenschlauch (Inkompatibilitäten)
- Knospenbestäubung, wenn Pollenschlauchwachstum gehemmt bzw. verlangsamt wird
- Narbe abschneiden und auf Griffelschnittfläche bestäuben, wenn Narbensekret Pollen hemmt
- Narbe abschneiden, Griffel kürzen und andere Narbe (eigene des Bestäubers) aufsetzen, wenn Pollenschläuche zu langsam wachsen auf zu langer Narbe

2. Frühzeitiges Abwerfen von Knospen, Blüten oder Früchten
- Entfernung nicht benötigter Früchte (Konkurrenz um Assimilate)
- Verhinderung der Assimilatableitung durch Einschnürung oder Einschneiden des äußeren Stengelbereiches
- Entfernen von vegetativen Vermehrungsorganen (z.B. „Melken“ der Knollen bei Kartoffelkreuzungen)
- Pfropfung auf eine geeignete Unterlage zur Blütenbildung
- Wuchsstoffbehandlung (z.B. mit 3-Benzylaminopurin = BAP)

3. Gehemmte Entwicklung der Embryonen (meist in weiten Kreuzungen)
- Wuchsstoffbehandlung, z.B. mit NAA od. Gibberellinsäure manchmal effektiv
- Embryo-rescue (in vitro Kultur des zygotischen Embryos ohne Endosperm, in vitro Reifung und Keimung (Regeneration) der Hybridpflanze
- auch in vitro Kultur der Samenanlage und in vitro Bestäubung u. Befruchtung möglich
 


3. Praktische Durchführung

Anzucht der Elternpflanzen:
- Kreuzungsblöcke (eigene Beete, wo v.a. Mutterpflanzen stehen, die allesamt kastriert werden; z.B. Kreuzungsverband)
- Elternanzucht in Töpfen im Freien oder in Klimakammern bzw. Glashäusern bei Kreuzung im Winter (Lichtverhältnisse - Blühinduktion), evtl. Vernalisation nötig
 Synchronisation der Blüte:
- Anbau der Eltern in versch. Zeitstufen zum Erreichen einer gleichzeitigen Blüte (v.a. bei stark unterschiedlich blühenden bzw. reifenden Elterngenotypen bedeutend)
- niedrigere Temperaturen zur Entwicklungsverzögerung (um einige Tage), auch Steuerung über Licht, Feuchtigkeit, Substrat (N-Düngung) ... möglich
- Zurückschneiden des sich rascher entwickelnden Elters
- Pfropfung eines Elters auf anders wachsende Unterlage
- Anzuchtbedingungen: Z.B. Mais-Selbstung: Bei Trockenheit und Hitze wird Rispenblüte gefördert, Narbenblüte verlangsamt (Nässe und tiefe Temperaturen behindern Rispenblüte und vermindern die Pollenproduktion), Probleme z.B. bei Inzuchtlinien-Selbstung im Glashaus

Kastration:
Öffnen der Blüte, Entnahme der Antheren mittels Pinzette (versch. Ausführungen, auch Nadeln u.ä. verwendet), manchmal auch Absaugen der Antheren (Vakuumpumpe) etc. oder unvollständige Kastration (nur Verletzung der Antheren).
Monözische Pflanzen: Leichte Kastration durch Entfernen des männliche Blütenstandes, bei Mais z.B. teilweise auch maschinell (Rollen ziehen Rispen ab)
Spezifische Antherenzahl best. Arten: Getreide, Mais: 3;Brassicaceae: 6 (vier lange u. zwei kurze Antheren); Leguminosen: 10; Solanaceae: 5; Mohn: Sehr viele Antheren.
Wenn Protogynie: Keine Kastration erforderlich, Bestäubung in frühem Stadium, wo eigene Antheren noch geschlossen sind. Jedoch spätere Selbstungsgefahr, wenn künstl. Bestäubung nicht erfolgreich war (evtl. Selbstungs- u. Hybridsamen in derselben Frucht!).

Bestäubung (auch Selbstung):
Sammlung von ganzen Antheren oder Pollenkörnern (Pinzette, Pinsel) des Vatergenotyps und Aufbringen der Pollen oder aufplatzenden Antheren auf die Narbe (Pollen bleiben oft deutlich sichtbar auf Narbe kleben).
Verwendung ganzer Blüten des Vaters,  wenn geringe Pollenproduktion oder Einsatz ganzer Vaterähren, die an kastrierte Mutterähre auf verschiedene Weise angehängt werden können (z.B. Winterweizenkreuzungen, Einfrischen der abgeschnittenen Vaterähren in Wasser).
Mais: Verwendung ganzer Rispen od. Rispenäste zur Bestäubung. Pollenspritze zur Vermeidung von Fremdbestäubung. Rückschneiden der zuerst hervorkommenden Narben (Seide) zur Verbesserung des Samenansatzes bei einmaliger Bestäubung (auch mehrmalige Bestäubung möglich).
Auch: Nutzung von Bestäuberinsekten (Bienen, Hummeln, Kleinwespen, Florfliegen u.a.) in ganz best. Situationen (Markergene, Selbststerilität)
Selbstung von Ackerbohnen: Tripping (mechanischer Reiz mit Fingern auf Blüte, wodurch Insektenaktivität nachgeahmt und Selbstung ermöglicht wird)
Oder: Kastration von Ähren und Nutzung zufälliger Fremdbestäubungen (z.B. Kreuzungsverband, Intercrossing für Populationsverbesserung)
Nach Kreuzung: Kennzeichnung der bestäubten Fruchtstände mit diversen Anhängern zur Identifizierung.

Männliche Sterilität: MS oder cms manchmal genutzt zur Erleichterung der Kreuzungstätigkeit, meist jedoch zur Produktion von Hybridsaatgut.

Samenreifung, Ernte

Anbau der Hybridkörner (F1-Generation):
Hybridkörner mit Eltern gemeinsam angebaut zur Kontrolle des Kreuzungserfolges (Ausschalten von unbeabsichtigten Selbstungen, falschen Fremdbestäubungen etc.). Kontrolle erfolgt z.B. anhand der Bastardwüchsigkeit der F1 im Vergleich zu den Eltern, weiters durch Markergene (dominante Ausprägung am Pollenelter, z.B. in Kreuzungen unbegrannt x begrannt od. weißblütig x buntblütig).
 


4. Weiterführende Literatur
FEHR, W. R. & H. H. HADLEY, 1980, Hybridization of crop plants. American Soc. Agron. & Crop Sci. Soc. of America, Madison, WI.
FISCHBECK, G., W. PLARRE & W.SCHUSTER, 1985, Lehrbuch der Züchtung landwirtschaftlicher Kulturpflanzen, Band 2:Spezieller Teil. 2. Auflage. Verlag Paul Parey, Berlin.
VOLLMANN, J., H. GRUBER, R. GRETZMACHER & P. RUCKENBAUER, 1992, Note on the efficiency of artificial hybridization in soybean, Die Bodenkultur 43:123-127.


Anhang: Abbildungen, Beispiele

Kreuzungszubehör
Sojabohne
     Leguminosenblüte schematisch
     Blüten der Sojabohne (Blütenfarbe)
     Blüte geöffnet (Selbstbestäubung)
     Blütengröße im Stadium der Kastration
     Blüte geöffnet für Kastration
     Kastration
     Kastrierte Blüte
     Blüte (Narbe) bestäubt
     Entwicklung des Samens
     Kreuzungshülsen zur Erntezeit
 
 

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